Zuerst kommt die Schlagzeile in der Presse. Dann der Schock. Bankpleite.
„Bankpleite? Was – meine Bank ist insolvent? Und mein Geld? Was ist mit meinem Geld!! Dem Sparbuch und – Hilfe!!! – meinen ETFs und Aktien???“
Eine Bankpleite unmittelbar persönlich mitzuerleben ist eine harte Nummer. Wenn Sie aber die Rechtslage kennen, wird es für Sie nicht zum Drama. Denn Ihr Geld ist auch bei einer Bankpleite sicher. Wenn Sie Vorsorge betreiben.
43 Bankpleiten seit 2000 in Deutschland
Dass ein Kreditinstitut zahlungsunfähig wird, ist keine Seltenheit. Seit dem Jahr 2000 bis heute (Sept. 2019) gingen bei uns 43 Banken pleite. Darunter so prominente Namen und Großbanken wie die Bankgesellschaft Berlin (2001), die Dresdner Bank (2008), die Hypo Real Estate (2008), die WestLB (2012), das Bankhaus Wölbern & Co (2014) und die Bremer Landesbank (2016).
Die Mehrheit dieser Banken wird abgewickelt. Andere gehen mit solventen Geldhäusern zusammen wie die Dresdner Bank. Sie wurde aus der Allianz AG herausgelöst und mit der Commerzbank liiert. Ein Kraftakt, bei dem die Politik mitmischte.
Warum eine Bank zahlungsunfähig wird? Weil sie, sehr kurz gesprochen, ihre Balance verloren hat zwischen eigenem Kapital+geliehenem Geld und verliehenem+eingesetzten Kapital. Ihr fehlt schlicht Geld, um allen Verpflichtungen nachzukommen. Warum es fehlt? Wegen Krisen, mangelhaftem Risikomanagement, falscher Geschäftspolitik, zu wenig Eigenkapital etc.
So ist Ihr Geld auch bei einer Bankpleite sicher
Was passiert nun im Fall der Fälle, wenn unsere Bank strauchelt und in die Zahlungsunfähigkeit rutscht? Und wir dort alle unsere Finanzen verwalten? Also: Tagesgeldkonten haben, unser Girokonto, das Depot mit ETFs, Aktien, Anleihen? Und womöglich noch ’nen Sparbrief?
Ich gehe das mal Punkt für Punkt durch:
Girokonto, Tages- oder Festgeld, Sparbuch, Sparbriefe
Geld auf Sparbüchern, Girokonten, Tages- und Festgeld sowie in Sparbriefen sind bis zum Betrag von 100.000€ pro Kunde und Bank durch die gesetzliche Einlagensicherung geschützt. Bis zu dieser Summe erhalten Sie Ihr Geld bei der zahlungsunfähigen Bank inklusive (!) Zinsen zurück – wenn beides auf Euro lautet oder einer Währung eines EU-Mitgliedslandes.
Jeden Euro über 100.000€ darf die Bank zur Abfederung der eigenen Insolvenz behalten und verwenden. Die ganze Prozedur kann zwar Monate dauern. Das Gesetz aber ist mit Ihnen!
Darüber hinaus können Sie eine weitere Entschädigung beantragen. Wenn Ihre Bank Mitglied im Entschädigungsfonds deutscher Banken ist, kann die Entschädigungssumme höher ausfallen. Darauf haben Sie allerdings keinen Rechtsanspruch. Im Streitfall könnte der Fonds Zahlungen verweigern.
Wie Sie an Ihr Geld kommen? Die Bank informiert Sie bei einer bevorstehenden Insolvenz schriftlich über den Sachstand. Die Entschädigung müssen Sie dann aktiv bei den Entschädigungseinrichtungen beantragen.
Heißt praktisch: Auf Nummer sicher gehen und pro Bank nicht mehr als 100.000 € auf Giro- und Tagesgeldkonten parken, inkl. Sparbriefen, Sparbücher. Wenn Sie mehr Cash halten, eröffnen Sie ein Tagesgeldkonto bei einer weiteren (Online)Bank. Denn der Betrag gilt pro Kunde und Bank.
Depot: ETFs, Aktien, Anleihen
Geht Ihre Bank pleite, eröffnen Sie schnellstmöglich bei einer anderen Bank ein Konto inklusive Depot. Ein Depot ist wie ein Schrank, den Sie mieten und in den Sie Ihre ETFs, Aktien, Anleihen und andere Wertpapiere einsortieren. Alles, was in diesem Schrank liegt, gehört Ihnen. Es ist sogenanntes Sondervermögen, das nicht in die Insolvenzmasse eingeht.
In das neu eröffnete Depot übertragen Sie Ihre Wertpapiere. Ihre Pleitebank muss das zulassen. Heutzutage erledigt den Umzug auch gern das neue Bankhaus für Sie.
Heißt praktisch: Alles, was im Depot liegt, kann problemlos von einer Bank zur anderen verlegt werden.
Verrechnungskonto des Depots
Verrechnungskonten des Depots werden – wie die Bafin mir auf Nachfrage bestätigt hat – ebenfalls als Einlagen angesehen. Deshalb zählen Gelder, die dort parken, mit zur Einlagensicherung und werden bis zu den genannten 100.000 € entschädigt. Das heißt: Die Beträge auf dem Giro- und Tagesgeldkonto werden mit dem Betrag auf dem Verrechnungskonto addiert. Alles über 100.000 € darf die Bank behalten.
Das wiederum heißt: Haben Sie bei einer Bank ein Tagesgeldkonto um die 100.000 € ist es überlegenswert, das Depot bei einer anderen Bank zu halten. Denn dann können Sie auch größere Summen bei Ihrer Depotbank auf dem Verrechnungskonto liegen lassen. Zeitweise.
Anleihen & Zertifikate der Pleitebank sind futsch
Eines müssen Sie auch bedenken: Wenn Sie Anleihen Ihrer Bank halten, oder von ihr ausgegebene Zertifikate, ist dieses Geld mit hoher Wahrscheinlichkeit futsch.
Denn: Mit der Anleihe leihen Sie Ihrer Bank Geld. Kann sie dieses Geld nicht zurückzahlen, weil sie zahlungsunfähig ist, geht das auf Ihre Kosten. Eigenanleihen gehören zum Fremdkapital einer Bank und damit zur Insolvenzmasse. Mit viel Glück erhalten Sie vielleicht einen kleinen Teil zurück. Mit viel Pech erleiden Sie einen Totalverlust in Höhe des Anleihebetrages, den Sie investiert haben.
Bei Zertifikaten verlieren Sie im Zweifel auch alles. Siehe Lehman-Pleite.
Zertifikate gehören für mich sowieso nur in Depots von Anleger’innen, die genau und detailliert im Schlaf erklären können, wie dieses Anlagepapier wirklich funktioniert. Wer hier auch nur stockt, ist raus und sollte tunlichst die Finger davon lassen. Zu komplex und intransparent.
Quellen zum Nachlesen
+ Liste deutscher Bankpleiten
+ Einlagensicherungsgesetz
+ Moratorium der Bankenaufsicht bei Zahlungsunfähigkeit
+ Entschädigungseinrichtung der deutschen Banken
+ BaFin – zu Einlagensicherung und Entschädigung (nur nachrichtlich, weil die Infos teils missverständlich formuliert sind)
Nachtrag:
In der früheren Version habe ich geschrieben, dass die Gelder auf Verrechnungskonten von Depots nicht zu den Einlagen gezählt werden, sondern in die Anlegerentschädigung fällt. Und deshalb nur bis 20.000 € geschützt sind. Das war offenbar falsch. Die Anlegerentschädigung greift u.a. in Betrugsfällen oder wenn Gelder auf Anderkonten bei Finanzberatern liegen, wie mir die Bafin erklärt hat.
Trotzdem ich die Bafin-Seiten gründlich und die einschlägigen Gesetzestexte nachgelesen hatte, habe ich es falsch interpretiert. Das macht mich, ehrlich, ein wenig sprachlos. Eine aufmerksame Leserin hat bei mir nachgefragt. Und ich habe mit der Bafin-Pressestelle telefoniert.
Die Bafin räumte ein, dass ihre Webseite wenig hilfreich sei bei der Erklärung der Sicherungssysteme und sich die Erklärungen teilweise auch widersprächen. Hm, auch schräg.
Danke für diesen Artikel. Angenommen man bewegt sich also innerhalb dieser Einschränkungen (Höhe der Einlage, Art der Wertpapiere) sehe ich für den Bankkunden also zunächst mal das Problem, dass man seine Sachen zwar behält, aber vllt erst mit Verzögerung darüber wieder verfügen kann. Gibt es denn Erfahrungswerte wie lange das Einspringen der Einlagensicherung (also: Wann hab ich mein Bargeld) und ein Depotübertrag in dem Sonderfall einer Bankeninsolvenz realistisch so ungefähr dauert? Würd mich interessieren. 🙂
Ich bin Unternehmer und warte bei einer Kundeninsolvenz jetzt bereits das siebte Jahr. Fände es beruhigend wenn das im Privatkundenbereich nicht so lange dauern würde…
Lieber Michael, 7 Jahre! Ohja. Das ist ja heftig und im Grund unzumutbar.
Bei einer Bankpleite sollte das regelmäßig schneller gehen. Laut Gesetz muss der Entschädigunsfonds innerhalb von 6 Monaten zahlen. Die Depotfreigabe liegt in der Hand der insolventen Bank. Sie kann auf Antrag bei der BaFin die Depots freigeben. Ich schätze mal, das dürfte ich so lange dauern. Erfahrungswerte habe ich hier aber selbst nicht.
Danke für diesen tollen Blog. Selbst mit der BaFin dauert der Prozess sehr lange. Nur Vorteil ist, unter Aufsicht.
Hallo, neuerdings liest man aber auch solche Artikel:
https://www.faz.net/aktuell/finanzen/meine-finanzen/sparen-und-geld-anlegen/bankdepots-sind-nicht-so-sicher-wie-gedacht-12242907.html
oder
https://www.godmode-trader.de/artikel/wann-kommt-die-vermoegensabgabe,8394190
…was ist da dran?
MfG Ansgar Finn