Betrüger erkennen, Abzocker auf Distanz halten: So erkennen Sie, wer es beim Geld ehrlich meint
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Wem vertrauen Sie bei Ihrem Geld, der Rente, beim Vermögensaufbau? Sich selbst oder anderen? Vertrauen ist ja eine ernste Sache. Wird es missbraucht, leiden wir elendlich. Sitzen wir zudem bei finanziellen Entscheidungen vertrauensselig einem Betrüger oder Abzocker auf, haben wir zum emotionalen Leid auch noch hohe finanzielle Schäden zu tragen.
Wie bei dem Schulfreund Karl, den wir Jahre später wieder treffen und der diese fondsgebundene Lebensversicherung und diesen todsicheren Anlagefonds verkauft. Damit sich bei uns die Rentenlücke schließt. Wir denken ja: Ach, der Karl, der verkauft mir schon keinen Mist. Wir kennen uns doch von früher!
Leider erfüllt sich dieser Vertrauensvorschuss regelmäßig nicht.
Es ist eine der zentralen Fragen, wenn es um den Umgang mit Geld geht und – am empfindlichsten – beim Vermögensaufbau für den Ruhestand. Wem vertrauen Sie hier? An wen wenden Sie sich. Wem hören Sie zu?
In der Summe können nämlich beträchtliche Schäden entstehen für die Zeit, in der wir als Erwachsene am meisten Sicherheit benötigen: im Alter.
Leider wimmelt es an allen Ecken und Enden von Menschen, die vorgeben, im Finanzdschungel den Weg zu kennen und mit der ultimativen Machete in der Hand das dichte Blätterwerk kurz und klein hacken zu können. Für Sie. Damit Sie das beste aus Ihrem Geld machen.
Wirklich?
Nein, nicht wirklich. Geld zieht Betrüger und Abzocker an wie das Licht die Motten – vor allem Männer, aber auch Frauen. Ach Geldfrau, das war doch schon immer so, mögen Sie jetzt einwenden. Und das stimmt; ich habe aber das Gefühl, dass durch die Möglichkeiten der Digitalisierung und die Niedrigschwelligkeit der sozialen Netzwerke in den vergangenen 2 Jahren Betrüger’innen, Abzocker’innen und Betroffenheits-Expert’innen aus dem Boden schießen wie Pilze nach einem Herbstregen.
Und viele Menschen nachhaltig verunsichern und zu überstürzten, teuren Scheinlösungen animieren.
In den Netzwerken wie facebook oder Instagram und generell im Internet steigt gefühlt monatlich die Zahl derjenigen, die sich nach eigenen Angaben mit Geld und Anlage so richtig gut auskennen.
Manche versprechen schnellen Reichtum, die besten Anlagetipps für Frauen, andere garantieren Sicherheit für Ihr Geld vor einer Währungsreform und zeigen Ihnen garantiert gewinnbringende Tradingtools und freilich die ultimativen Geheimnisse der Reichen! Tenor solcher Angebote: „Sie sind noch nicht Millionärin? Wollen es aber werden? Gut, dass es mich gibt. Ich zeige Ihnen, wie das geht. Ich mache das selbst seit Jahren so.“
Das ist die laute Seite. Sie biegt Marketingstrategien zu Manipulationsstrategien und schreit Ihnen beispielsweise in Online-Kongressen entgegen, facebook-Anzeigen, einschlägigen Magazinen, kostenlosen Webinaren und manchen Büchern. Um nur einiges zu nennen.
Die leise Seite sitzt in Banken, Strukturvertrieben, Versicherungen und bei Vermögensverwalter’innen. Ja, auch in den vermeintlich guten, alten Sparkassen.
Und dann sind da noch Honorarberater’innen, Certified Financial Planner, Finanzblogger’innen, Geldcoaches (wie ich) und Professor’innen beispielsweise, die mit eigenen Webseiten, digitalen Kursen und Büchern Wissen weitergeben.
Auf der rechtlichen Seite hat in Deutschland die Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin, ein Auge auf die Akteure der Finanzindustrie und auf die, die sich wie Satelliten in ihrem Umkreis bewegen. Aber nicht auf alle.
(Und ja, die BaFin ist die Unterbehörde der Bundesfinanzministeriums, die weder erkannt hat, dass 2007 die Mehrheit der deutschen Banken höchst riskant agierte und 2020, was hinter den Kulissen von Wirecard los war, trotz Hinweisen, trotz aufsichtsrechtlicher Prüfmöglichkeiten.)
Reguliert sind Banken, Versicherer, Vermögensverwalter’innen, Anlageberater’innen, Vermittler’innen, Fondsanbieter und viele mehr. Sie benötigen eine Erlaubnis nach der Gewerbeordnung, des Kreditwesengesetzes oder des Wertpapiergesetzes. Sie müssen enge gesetzliche Vorgaben erfüllen. Erfüllen sie diese nicht oder fallen sie nicht unter diese Gesetze oder nur zum Teil, spricht die BaFin vom „Grauen Kapitalmarkt“.
Die Produkte, die an diesem angeboten werden, können besonders verlustreich sein. Wie Unternehmensbeteiligungen an Schiffen, Containern oder Nachrangdarlehen. Den Schaden aus Anlagebetrug bezifferte das BKA im Jahr 2019 auf rund 560 Millionen Euro.
Müssen wir diese rechtlichen Regularien jetzt auswendig lernen, um uns zu schützen? Nein.
Sie können die lauten und leisen Betrüger und Abzocker selbst entlarven und als das erkennen, was sie sind. Es braucht etwas Übung dafür. Aber es geht.
Informieren Sie sich, stellen Sie Fragen, sehen Sie genau hin und hören Sie in sich hinein. Es gibt kein einfaches Rezept, dafür Grenzlinien und klare Anhaltspunkte. Werden die misachtet, würde ich sehr vorsichtig sein. Und mein Vertrauen für mich behalten – oder jemand anderem schenken.
Sortieren Sie die aus, die in ihrem öffentlichen Auftreten
→ Angst bei Ihnen schüren,
→ Gier auslösen oder
→ massiven (Verkaufs-)Druck ausüben.
Zum Beispiel in Büchern (wie Crash-Propheten), Interviews, Webinaren oder Gratiskursen. Freilich ist nicht jedes Gratisangebot gleich kritisch zu bewerten. Auch ich gebe gratis Informationen in Webinaren, Interviews, Live-Storys weiter.
Aber – und das ist der Unterschied – seriöse Anbieter’innen schüren keine Angst oder Gier und machen keinen aggressiven Verkaufsdruck. Sie geben Wissen weiter, regen zum Nachdenken an, zum Aktiv werden.
Ich bin mir sicher, Sie wissen, was ich hier anspreche. Bemerken Sie bei sich Angst oder Verwirrtheit bei solchen Angeboten, seien Sie wachsam.
Sortieren Sie auch gleich die aus, die mit Fachterminologie um sich schmeißen, sie aber nicht erklären. Also Fachworten. Und zwar so erklären, dass Sie es verstehen. Selbst auf Nachfragen nicht. Wer sich nicht die Mühe gibt, die Sprache des Geldes zu erklären, ist es nicht wert, dass Sie ihm oder ihr Ihr Vertrauen schenken.
Wer Fachworte nicht einfach erklären kann, hat nicht verstanden, wovon er oder sie redet. Auch das können Sie nicht gebrauchen, wenn es um Geld und Geldanlage geht.
Sehen Sie sich Ausbildung und Erfahrung an. Finden Sie nichts Aussagekräftiges oder Belegbares bei den Anbieter’innen selbst oder bei der Recherche im Netz wie Fachabschlüsse, einschlägige Berufsausbildungen, zertifizierte oder anerkannte Fortbildungen/Ausbildungen oder öffentliche Einladungen sollte Ihnen das zu denken geben.
Finanzbildung ist ein Prozess mit Höhen und Tiefen. Nicht nur bei Ihnen, sondern auch bei jenen, die ihr Wissen und Erfahrung an Sie weitergeben wollen. Das zu belegen und darzulegen ist eine Voraussetzung für Vertrauen und für eine Zusammenarbeit. Fragen Sie auch gern, wie die- oder derjenige selbst investiert ist. Und warum. Wer hier ins Stottern kommt, nunja, scheint nicht ehrlich zu Ihnen zu sein.
Fragen Sie sich unbedingt, wie Sie die Dienstleistung bezahlen. Und fragen Sie: Was hat er oder sie davon, mir das zu erzählen, zu verkaufen? Ist etwas „gratis“, zahlen Sie mit etwas anderem. Oder versteckt.
Wenn Sie beispielsweise Ihre E-Mail-Adresse in ein Kontaktformular eintragen, können Sie später entscheiden, ob Sie mit der- oder demjenigen zusammen arbeiten möchten. Oder nicht. Sie können sich von Newslettern jederzeit abmelden. Und in der Zwischenzeit Auftreten, Ausbildung, Ansprache prüfen. Und so einen Betrüger, eine Betrügerin entlarven.
Treffen Sie Berater’innen, Angestellte einer Bank oder eines Strukturvertriebes oder Vermittler’innen und werden Ihnen Versicherungen oder Fonds angeboten, fließen sehr wahrscheinlich im Hintergrund Provisionen an die Vermittler’innen.
Seit der Versicherungsvertriebsrichtlinie von 2016 müssen Provisionen und alle Kosten einer Geldanlage wie Lebensversicherungen, Riester, Rürup, kapitalgebundene Lebensversicherungen etc. von solchen Produktverkäufer’innen offengelegt werden. Allerdings nur auf Nachfrage. Nicht von selbst.
Also: Fragen Sie nach! Immer. Wie ist das mit der Bezahlung. Follow the money, ist eine der wichtigsten Devisen, um Abzocker und Betrüger zu erkennen und die Finger von angebotenen Investment zu lassen.
Ein völlig unterschätzter Aspekt der Geldanlage: Seien Sie wachsam gegenüber Interessenskonflikten derjenigen, die Ihnen etwas verkaufen möchten oder Ihnen dringend empfehlen, etwas zu kaufen – eine Versicherung etwa, einen bestimmten Fonds, eine Geldanlage, ein todsicheres Investment, die ultimative Tradingsoftware, ein Bankkonto im Ausland oder ein Kunstwerk.
Warum empfiehlt Ihnen jemand genau dieses Produkt, dieses Portal, diesen Anbieter? Warum sollen Sie ausgerechnet dort kaufen, wo es noch viele andere gibt? Weil er oder sie dafür bezahlt wird? Nicht von Ihnen, sondern von dem, dessen Produkte empfohlen werden?
Wird das nicht klar kommuniziert, ist Vorsicht geboten. Weil die Empfehlung gekauft ist und nicht auf eigenen, ehrlichen Erfahrungen beruht. Brauchen Sie nicht. Kann weg.
Das klingt zum Beispiel so: „15 Prozent Rendite im Jahr? Kein Problem, die erreichen Sie mit meiner Strategie, die Sie einfach nur nachzumachen brauchen.“ Es gibt in der Tat Anbieter’innen, die so ähnlich um Ihre Gunst werben.
Mich erinnern solche Reklamesprüche immer an Josef Ackermann. Der hatte der Deutschen Bank ab 2003 die magische Zahl 25 verordnet: 25 Prozent Eigenkapitalrendite vor Steuern im Jahr. 25 Prozent Mehrwert also für eine Dienstleistung, die kaum gesellschaftliche Werte schafft. Womit er die 25 Prozent erzielen wollte, hat dann die Finanzkrise 2007/8 offengelegt: mit betrügerischen Investmentgeschäften. Die Liste der Rechtsstreitigkeiten ist enorm und die Bank in alle Bankenskandale der jüngeren Vergangenheit verwickelt: Libor-Manipulationen, Geldwäsche, Steuerhinterziehung …
Wer hohe Renditen verspricht, ohne das hohe Risiko zu erklären und das damit verbundene aktive Risikomanagement anzusprechen, das damit verbunden ist, ist unehrlich. Hohe Renditen entstehen nur durch das Eingehen hoher Risiken. Ob die aber zu Renditen führen, ist ausschließlich in der Rückschau möglich.
Hohes Risiko heißt zuerst einmal immer: hohes Verlustrisiko! Wer nur von hohen Renditen redet, verschweigt Ihnen einen entscheidenden Punkt.
Und wer Ihnen Prognosen vorlegt, also Abbildungen der Zukunft, um eine Geldanlage schmackhaft zu machen, den fragen Sie bitte Folgendes: Warum sitzt er oder sie Ihnen noch gegenüber, statt als reichster Mensch der Welt in seiner Luxusvilla Däumchen zu drehen. Wer Prognosen als Argumgent hernimmt, muss ja eine Glaskugel für die Zukunf haben. Sonst ist es doch – naja, Betrug? Oder Lüge? Oder Manipulation?
Auf jeden Fall nichts, was ich ernst nehmen kann. Und das sollten Sie auch nicht.
Kunst zu kaufen sei ein Muss, wenn eine Währungsreform bevor steht. Meint die laute Seite. Und: Gold! Oder Anteile an Wäldern. Dafür haben die Lauten dann auch gleich die passenden Webseiten und Anbieter in Petto (Stichwort: Interessenskonflik). Nur, was ist dann, inmitten oder nach der vermeintlichen Währungsreform oder dem Systemcrash. Wie kommen Sie dann an ihr „gerettetes“ Geld?
Wie verkaufen Sie einen Kunstgegenstand, ein Bild beispielsweise, ohne eigene Expertise? An wen? Über welchen Verkaufsweg? Brauchen Sie ein Gutachten? Was ist das Bild wert? Und: Woher wissen Sie das? Oder: Wie kriegen Sie Ihren Anteil an einem Wald wieder los? Wo sehen Sie überhaupt, was dieser Wert ist? Wo ist der Käufer? Schließlich soll das Geld ja „gerettet“ werden.
Fragen über Fragen. Und meist keine Antworten.
Überlegen Sie bei allen Angeboten außerhalb von öffentlichen, regulierten Börse mit täglichen Preisen, wie das vermeintliche „Rettungsgeschäft“ vom Ende her aussieht. Also: Wie kommen Sie wieder an Ihr Geld, wenn Sie es brauchen?
Wenn der oder die Anbieter’in hier nichts Handfestens und nachprürbares erklären kann (was ich persönlich noch nie gehört habe), und Sie selbst keine Ahung haben, dann bitte Finger weg. Sonst ist Ihr Geld futsch. Für immer.
Haben Sie in einem Beratungsgespräch oder einem Geldgespräch generell das Gefühl, das Gegenüber kommt mit Standardprodukten, Standardantworten, Standardphrasen – ohne auf Sie einzugehen? Dann: Gehen Sie. Schnell. Weg.
Das gleiche gilt bei allen Gesprächen über Geld, ob in Webinaren, Talks etc. Die eigene Intuition trügt selten. Sie ahnt Betrüger.
Also: Passen Sie auf Ihr Geld auf und lassen Sie Betrüger von sich abprallen. Was zählt sind Transparenz, Unabhängigkeit, Fachkenntnisse und Zugewandtheit. Sie zeichnen seriöse Berater’innen und Menschen vom Fach aus. Und, dass Sie sie direkt bezahlen und alles fragen können. Und natürlich Antworten erhalten, die Sie verstehen. Belegbare. Ein Zeichen für echte Berater’innen ist auch, dass Sie sie in den Anlage-Prozess aktiv mit einbinden.
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Betrug per Anruf – gegen Sie wird ermittelt
Glossar:
#Betrüger – umgangssprachlich auch: Täuscher – sind Menschen, die jemanden durch Tücke dazu bewegen, sich selbst in seinem Vermögen zugunsten der Täter oder eines Dritten zu schädigen.
#Abzocker – Menschen, die andere (auf hinterlistige, unredliche Weise) um ihr Geld bringen
Hallo Geldfrau,
danke für diesen super Beitrag. Man sollte ihn verpflichtend, quasi als Warnhinweis, unter jeder Werbung schalten.
Ja, gerne! Wir müssen viel öfter über die geschäftlichen Beziehungen im Hintergrund von Finanzangeboten sprechen.
Ich lasse mich generell nie von Fremden Leuten in Geldfragen beraten.
Sollte doch mal jemand auf die Idee kommen und mir etwas schmackhaft machen, muss er sicher beweisen, dass er ein 10mal höheres Vermögen besitzt als ich.
Und da scheitert es dann immer.
Warum soll ich mich von jemanden in Geldfragen beraten lassen von dem ich nichts lernen kann?
🙂 Sehr korrekt.
Und was ist mit Frauen? Oder hat bisher noch keine Frau versucht, Sie zu beraten?
Grüße!