Der Mann am Telefon klang fest in der Stimme. „Here is the Police Department. This is serious. I have to tell you that we are undertaking an investigation about your person.“ Er sprach Englisch und bestand darauf, dass wir uns in Englisch unterhalten. Übersetzt: „Hier ist die Polizei. Die Sache ist ernst. Ich muss Ihnen mitteilen, dass wir gegen Sie ermitteln.“
Ich habe kürzlich genau so einen Anruf erhalten, andere wurden angeblich von Europol oder Interpol oder einer anderen angeblichen Polizeibehörde angerufen. Immer auf Englisch, immer mit einer deutschen Nummer. Vermeintlichen deutschen Nummer.
Diese Anrufe mehren sich seit Februar dieses Jahres. Darauf weist jetzt verstärkt das Bundeskriminalamt hin.
Eine perfide Masche. Wer will schon etwas mit der Polizei zu tun haben. Außerdem erwischen einen solche Betrugsmaschen doch oft auf dem völlig falschen Fuß. Und dann dauert es manchmal, bis wir begreifen, was passiert.
So war es bei mir. Ich saß zurzeit des Anrufes in Großbritannien in der Küche beim Frühstück. Und da erzählt mir ein Mann in englischer Sprache mit fester Stimme am Telefon, dass Ermittlungen gegen mich liefen — in Deutschland durch ausländische Polizeibehörden — und mein Ausweis missbraucht worden sei, es Probleme gebe und ich jetzt dringend zuhören müssen. Der Anruf kam einen Tag vor meiner Abreise zurück nach Deutschland.
Bei mir fiel der Groschen nicht sofort. Auch deshalb, weil die Nummer im Display aus Deutschland zu stammen schien, was nicht stimmte. Der Anruf kam aus dem Ausland, die Nummer wurde verschleiert.
Die Betrugsmasche
Wichtig tun, Druck aufbauen, Einschüchtern, Verunsichern durch die englische Sprache, Angst schüren, Daten abfordern. Das ist die Eskalation. Keine neue Masche. Aber immer wieder in neuem Gewandt.
Bei mir fing es harmlos an. Zuerst stellte sich der Mann, „Police Officer Solomon Richard“, vor. Erklärte eindringlich, dass gegen mich ermittelt werde, mit guter Absicht, nicht um mir zu schaden. Ob ich kürzlich in Berlin gewesen sei, ein Auto gemietet habe, ob es Freunde oder Familienangehörige gäbe, die mir schaden wollten. Dann fragte er meinen Namen ab (der ist ohnehin öffentlich), um mir anschließend „meinen Case“ vorzulesen. Vorher aber meinte er, ich solle einen Stift nehmen und meine „Case-ID“ notieren. Die sei gaaaaanz wichtig. Also die vermeintliche Aktennummer meines Falles.
Dann las er mir „mein Delikt“ vor. Auf meine ID sei ein Auto gemietet worden, in dem sich Kokain befand. Zudem seien mehrere Bankkonten auf meinen Namen eröffnet und Menschen abkassiert worden. Aha, dachte ich. Und überlegte, ob das wirklich sein könnte. Mit den heutigen Online-Ident-Verfahren konnte ich mir nur schwer vorstellen, dass Betrüger mit meiner ID – welcher auch immer – ein Bankkonto eröffneten.
Ich fragte zurück, mit welcher Adresse das Auto gemietet worden sei. Es war angeblich eine Berliner Adresse. (Gut, dachte ich, er hat nicht meine wirkliche Adresse.)
Der „Officer“ wurde immer fordernder, immer lauter – und ich langsam wach.
Was die Betrüger am Telefon wollen?
Sehr wahrscheinlich persönliche Daten und Geld. Soweit ist der Herr Betrüger bei mir nicht gekommen. Denn ich verrate prinzipiell keine Daten zu meiner Person am Telefon, wenn ICH nicht anrufe. Und er hatte sich recht früh durch Nichtkenntnisse verraten.
Die Polizei NRW hat herausgefunden, dass es den Betrügern darum geht:
- dass die Angerufenen Konten für Kryptowährungen eröffnen und
- Geld ins Ausland transferieren.
Möglich ist aber auch, so der Bankenverband, dass
- Fernwartungssoftware auf das Smartphone oder den Computer aufgespielt werden soll
- PIN, TANs und Bankdaten abgefragt werden
- Kartendaten und Geburtsdaten
- …
So erkennen Sie den Betrug per Anruf
Das alles wäre zum Lachen, wären die Betrüger am Telefon nicht so gut geschult. Sie bauen einen enormen Druck auf, einen Sog. Dem können Sie sich aber entziehen, mit diesen Grundregeln. Verinnerlichen Sie diese, dann machen Sie schon gleich am Anfang alles richtig. Nämlich: Sich gar nicht in solche Gespräche hineinziehen lassen und SOFORT auflegen.
Diese Grundregeln helfen, in Situationen, wo uns Betrüger per Anruf ausnehmen wollen, einen kühlen Kopf zu behalten — und aufzulegen.
Wichtigste Regel:
x Wenn Sie jemand ungefragt anruft, den Sie nicht kennen, geben Sie NIEMALS persönliche Daten preis wie Namen, Geburtsdatum, Wohnadresse, Ausweisnummern, Kontonummer, Kreditkartennummern. Niemals, auch wenn der Kaiser von China anruft.
Rechtlich gesehen darf Sie beispielsweise eine Firma nur dann anrufen, wenn Sie das vorher ausdrücklich gestattet haben oder sie ohnehin im Austausch sind. Das heißt: Ruft Sie jemand ungefragt an, ist das schon ein Alarmzeichen und sollte Sie wach machen.
Wichtig zu wissen:
1 Wichtige Sachverhalte wie polizeiliche Ermittlungsverfahren oder Anzeigen oder andere rechtliche Dinge werden schriftlich mitgeteilt. Per herkömmlicher Post. Da gibt es keine Ausnahme.
2 Geben Sie Menschen, Firmen, Institutionen am Telefon keine persönlichen Daten preis. Menschen mit seriösen Absichten würden niemals danach fragen. Fragt also jemand nach Namen, Geburtsdatum, Konto etc., den Sie nicht angerufen haben (!), wissen Sie sofort: Ich spreche mit Betrüger’innen.
3 Übt jemand Druck aus oder schürt bei Ihnen bewusst Ängste, werden Sie misstrauisch. Denn genau das ist Teil von Betrugsmaschen.
4 Werden Sie in solchen Gesprächen aufgefordert, Programme auf den Computer oder das Smartphone zu laden, überlegen Sie gar nicht erst. Legen Sie sofort auf.
5 Überweisen Sie auch niemals jemanden Geld, der Sie aus heiterem Himmel anruft und Druck auf Sie ausübt.
Anstatt sich auf ein Gespräch einzulassen, tun Sie das: Auflegen.
Diese Art des Betruges hat sogar einen Namen:
Vishing – Betrug per Telefon
Phishing, Smishing, Vishing: Drei Wege, wie Kriminelle Ihre Daten abfischen, wobei es immer darum geht, an das Geld der Angerufenen zu kommen. Der Bankenverband warnt vor dieser Art der Cyberkriminalität regelmäßig. Ausrotten lässt er sich nicht, da die Betrüger’innen im Ausland sitzen und Ermittlungen deshalb meist ins Leere laufen.
Deshalb: Seien Sie aufmerksam und passen Sie auf sich und ihr Geld auf. Informieren Sie sich über Betrugsmaschen, damit Sie vorbereitet sind.
Betrüger verraten sich, wenn wir Fragen stellen
Der Anrufer verriet sich bei mir, als er mich nach meiner „ID-Nummer“ fragte und ich zurückfragte, welche ID er meine. Die ID meines Personalausweises, des Reisepasses oder meiner Steuer-ID? Alles verschiedene Nummern. Darauf reagierte er nicht, sondern hämmerte mit seiner Stimme erneut ins Telefon, ich solle ihm die letzten drei Ziffern meiner ID nennen.
Klar, jemand der aus Deutschland anruft und gegen mich ermittelt weiß nicht, dass es diese verschiedenen IDs gibt? Unwahrscheinlich. Der Groschen fiel. Ohnehin hätte ich ihm keine persönlichen Daten genannt, schließlich hatte er angerufen und ich kannte ihn nicht.
Ich erklärte ihm, dass er mir eine E-Mail schicken solle, mit allen Anschuldigungen, damit ich das an meinen Anwalt weitergeben könnte. Das verstünde er sicherlich als seriöser „Police Officer“.
Daraufhin meinte er noch lauter, dass das zu lange dauere und es sein könne, wenn ich jetzt am Telefon nicht kooperiere, dass meine Bankkonten und Kreditkarten gesperrt würden.
Damit war für mich der Fall klar. Hier redet ein Betrüger mit mir, der keine Ahnung von rechtlichen Prozeduren hat. Denn bevor deutsche Banken ein Konto sperren, muss sehr viel passieren. Dem muss zuvor ein schriftlich zugestelltes Verfahren vorausgehen. Zudem hatte der Anrufer weder eine ID-Nummer von mir noch meine Adresse noch meinen vollständigen Namen. Und da wollte er meine Konten sperren lassen?
Witzbold. Ich musste fast lachen. Außerdem: Ich habe immer Bargeld dabei.
Ich wünschte noch einen guten Tag. Und legte auf. Hätte ich schon viel früher machen sollen.
Eine Mail kam freilich nie an.
Mit Recherche vor Betrug im Internet schützen
Und so schützen Sie sich vor Betrügern im Internet, die zum Beispiel Kryptogeld verkaufen oder mit tollen Erfahrungsberichten werben. Dabei ist alles nur Lug und Betrug: Bitcoin Revolution und Bitcoin kaufen. Ist das seriös?
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