Freistellungsauftrag – Was ist das und wie spare ich damit Steuern?
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Aktualisiert am 18. September 2023
Der Freistellungsauftrag ist ein Wortungetüm. Wer ihn deswegen links liegen lässt, zahlt drauf. Schenken Sie ihm etwas Beachtung. Einmal im Jahr reicht. Am besten zu Beginn jeden Jahres.
Wenn Sie das Wortungetüm leise vor sich hin sprechen – Frei-Stellungs-Auftrag – erschließt sich im Grunde sein Sinn. Er stellt etwas frei. Und zwar einen Teil Ihres Einkommens. Genauer: Einen Teil Ihrer Kapitalerträge. Er stellt folglich einen Teil der Kapitalerträge steuerfrei. Sie müssen darauf keine Steuer zahlen, keine Abgeltungssteuer, um genau zu sein.
In diese komfortable Situation kommen Sie aber nur, wenn Sie selbst aktiv werden und einen Freistellungsauftrag ausfüllen. Und zwar bei Ihrer Bank oder Ihren Banken, wenn Sie mehr als eine Bank haben und Geld anlegen.
Dass Sie aktiv werden ist umso wichtiger, wenn Sie Ihren Freistellungsauftrag seit Jahren nicht mehr erneuert haben.
Seit 2016 muss nämlich auf dem Freistellungsauftrag die steuerliche Identifikationsnummer, kurz Steuer-ID, stehen. Ohne sie verliert der Auftrag seine Gültigkeit.
Die Steuer-Identifikationsnummer ist so wie ein Geburtsdatum – auch wenn Sie die womöglich nicht auswendig im Kopf haben. Jede’r Bundesbürger’in hat so eine Steuer-Id — von Geburt an. Wo Sie Ihre Identifikationsnummer finden, erkläre ich in diesem Artikel:
Lesetipp: Steuer-ID verlegt? So finden Sie Ihre Steuer Identifikationsnummer
Zurück zum Freistellungsauftrag. Er stellt Kapitalerträge steuerfrei. Kapitalerträge sind steuerrechtlich gesehen auch Einkommen, die mit Kapital, also mit einer erfolgreichen Geld-Anlage, erzielt werden und nicht mit eigener eigener Arbeit und Berufstätigkeit, also der Arbeitskraft. Deshalb werden Kapitalerträge auch Kapitaleinkünfte genannt.
Was gehört alles zu den Kapitaleinkünften?
Zinsen auf Guthaben gehören also zu den Kapitalerträgen – Guthaben auf Giro-, Tages- und Festgeldkonten zum Beispiel. Solche Zinserträge sind Kleinvieh, aber das macht bekanntlich auch Mist.
Zu den Kapitalerträgen gehören auch Einnahmen aus Aktien, Aktienfonds, ETFs und anderen Anlagepapieren. Wer solche Anlagen besitzt, erhält – wenn es gut läuft – jährlich ein Stück vom Gewinn der jeweiligen Unternehmen ab. Sprich: eine Dividende.
Selbst Kursgewinne werden pro Jahr besteuert. Bis 2019 mussten Kursgewinne erst versteuert werden, wenn wir sie vereinnahmt hatten, also nach einem Verkauf. Seit 2019 werden Kursgewinne jedes Jahr pauschal besteuert. Sprich: Wenn die Aktie oder der ETF noch im Depot liegen, möchte der Staat bereits haben.
Von allen diesen Einnahmen aus Kapital – auch wenn sie noch fiktiv sind wie bei den noch nicht vereinnahmten Kursgewinnen – will der Staat etwas abhaben. Seit 2009 heißt die entsprechende Steuer „Abgeltungssteuer“. Vorher hieß sie Kapitalertragssteuer.
Die Abgeltungssteuer beträgt grundsätzlich 25 Prozent. Oben drauf kommen 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag. Macht 26,375 Prozent.
Wer seiner Kirche die Treue hält, zahlt weitere 8 bzw. 9 Prozent on top. Summasummarum sind das: 27,9 Prozent Abgeltungssteuer bei vollem Programm.
Das heißt: Das Finanzamt erhält von jedem Euro Kapitalertrag 0,26 € beziehungsweise 0,28 €.
Um Kleinsparer zu schonen, bedient sich der Staat aber nicht gleich beim ersten Kapitalertrags-Euro. Er gewährt einen Freibetrag. So wie bei der Lohnsteuer.
Dieses Zugeständnis nennt der Staat bei der Abgeltungssteuer aber nicht schlicht Freibetrag, sondern Sparerpauschbetrag oder nur Pauschbetrag. (noch so ein seltsames Bürokratenwortungetüm)
Der Sparerpauschbetrag lag bis 2022
– für Unverheiratete bei 801 €,
– für Verheirateten bei 1.602 €— also schlicht dem Doppelten.
Ab 2023 hat das Finanzministerium den Pauschbetrag erhöht. Endlich!
Der Sparerpauschbetrag beträgt ab Januar 2023
– für Unverheiratete bei 1.000 €,
– für Verheirateten bei 2.000 €.
Rechnen wir ein Beispiel – noch mit den 801 € Sparerpauschbetrag:
Eine unverheiratete Frau – ich nenne sie Sabine – nimmt 800 € im Jahr an Zinsen und anderen Kapitalerträgen ein.
Sie besitzt neben ihrem Girokonto bei Bank1 ein Tages- und Festgeldkonto und hat zusätzlich bei einer Online-Bank ein Urlaubskonto und Depot. Im Depot liegen diverse Anlagepapiere.
Auf ihre 800 € Kapitalerträge zahlt Sabine keinen Cent Abgeltungssteuer. Denn sie bleibt unter dem Freibetrag von 801 € für Unverheiratete.
Würde Sabine 802 € einnehmen, also nur 1 Euro über dem Freibetrag, sähe die Rechnung anders aus.
Dann müsste sie diesen Euro versteuern – mit 25 Prozent plus 5,5 Prozent Soli. (Die Kirchensteuer lasse ich weg.) Sie schuldete dem Staat damit 26,37 Cent Abgeltungssteuer.
Den Centbetrag würde Sabine aber nicht selbst an das Finanzamt überweisen. Das erledigt die Bank für sie.
Doch Halt!
Sabine zahlt auf die 801 € Kapitalerträge nur deshalb keine Steuer, weil sie ihrer Bank einen Freistellungsauftrag erteilt hatte — in Höhe des Sparerpauschbetrages.
Hätte Sabine ihren beiden Banken keine Freistellungsaufträge ausgestellt, hätte sie die Abgeltungssteuer auf die gesamten Kapitalerträge berechnet – also auf 801 €. Das wären dann 211,52 € Abgeltungssteuer.
Die Rechnung: 802 € x 26,375 : 100 = 211,52 €
Diese 211,52 € hätten die Banken dem Finanzamt überwiesen – statt 0,26 €. Was für ein eklatanter Unterschied. Und alles nur wegen nicht erteilter Freistellungsaufträge.
Und ist das Geld dann weg?
Nein.
Zuviel gezahlte Abgeltungssteuer kann über die Lohnsteuererklärung zurückgeholt werden. Dazu muss bei der Lohnsteuererklärung die Anlage KAP (Beispiel KAP 2016) ausgefüllt und mit eingereicht werden. Das ist die Anlage für Kapitalerträge.
Wichtig! Für die Anlage KAP brauchen Sie von Ihrer Bank die Jahressteuerbescheinigung. Auf dieser Bescheinigung stehen u.a. die Kapitalerträge und die gezahlte Abgeltungssteuer. Die Jahressteuerbescheinigung schicken manche Banken nur auf Aufforderung, andere lediglich online.
Prüfen Sie das und beantragen Sie die Bescheinigung formlos bei Ihrer Bank bzw. Ihren Banken.
Der Fiskus erstattet dann über den Lohnsteuerjahresausgleich zuviel erhaltene Abgeltungssteuer.
Das aber dauert. Zwischenzeitlich könnte Sabine mit den 264 € sicher schönere Dinge anstellen, als sie beim Finanzamt zwischenzulagern.
Außerdem macht das wieder Mühe, die KAP. Besser ist es, gleich den Freistellungsauftrag bei der Bank ausfüllen.
Jetzt!
Freistellungsaufträge sind so lange gültig, bis wir sie wieder verändern. In den entsprechenden Formularen der Banken kann aber auch angekreuzt werden, dass er nur 1 Jahr beispielsweise gelten soll. Ich würde immer im Formular ankreuzen: „so lange, bis Sie einen anderen Auftrag von mir erhalten“
Am einfachsten lassen sich Freistellungsaufträge bei Banken einrichten, die Online-Banking anbieten.
Vorgehen beim Online-Banking:
1. Einloggen
2. Girokonto oder Depot anwählen
3. im Servicebereich Freistellungsauftrag anklicken oder
4. per Suchfunktion „Freistellungsauftrag“ finden
5. ausfüllen, freigeben, abschicken
6. auf Schulter klopfen: Gut macht.
Die Freistellungsaufträge können Sie unbefristet erteilen oder für ein Jahr. Ich rate zu unbefristet. Ändern können Sie die Gültigkeitsdauer des Auftrags jederzeit.#
Vorgehen Klassisch:
1. Gehen Sie zu einer Filiale Ihrer Bank. Lassen Sie sich den Freistellungsauftrag als Papier-Formular geben.
Oder:
2. Wählen Sie die Internet-Seite Ihrer Bank an und suchen nach „Freistellungsauftrag“.
3. Laden Sie das entsprechende Formular auf Ihren PC und drucken es aus.
4. Jetzt Ausfüllen und per Post an die Bank schicken, per E-Mail oder Fax.
5. Sich freuen.
Pro Bank wird ein Freistellungsauftrag erteilt, nicht pro Konto oder Depot.
Wenig Aufwand, viel Wirkung.
Hier ein Beispiel, wie ein Freistellungsformular aussieht.
Freistellungsformular der Commerzbank (pdf)
Das war leider noch nicht alles. Noch ein wichtiger Punkt.
Wenn Sie nur bei einer Bank Ihre Konten haben, brauchen Sie nur einen Freistellungsauftrag.
Haben Sie dagegen Konten bei mehreren Banken, so wie Sabine in meinem Beispiel, dann teilen Sie den Sparerpauschbetrag mithilfe des Freistellungsauftrag auf diese Banken auf – wie einen Kuchen auf verschiedene Teller.
Sabine hat beispielsweise bei Bank1 den Sparerpauschbetrag auf 101 € gesetzt, bei Bank2 mit Urlaubskonto und Depot auf 700 €. Macht zusammen 801 €.
Den Sparerpauschbetrag stumpf durch die Anzahl der Banken zu teilen, erscheint zwar naheliegend, ist aber sinnfrei.
Verteilen Sie den Pauschbetrag so, dass er (möglichst) alle Kapitalerträge abdeckt. Orientieren Sie sich daran, wieviele Erträge Sie auf welchen Konten und Depots pro Jahr einnehmen – bei der jeweiligen Bank.
Sehen Sie sich dazu Ihre Konto- und Depotauszüge an und schätzen Sie das laufende Jahr ab.
Zum Beispiel so wie bei Sabine:
Kein Problem. Das passiert leicht, wenn wir mehrere Banken haben. Bei den eigenen Konten den Überblick zu behalten, ist das A und O der guten Kontoführung. Dazu gehört, schnell nachschlagen zu können, wie der Sparerpauschbetrag verteilt ist.
Die Lösung: eine Liste. 🙂 Digital oder auf Papier. Ich habe mich hingesetzt und für Sie eine Liste als pdf-Dokument angefertigt.
Laden Sie diese auf Ihr Endgerät oder drucken Sie sie aus. Füllen Sie die Liste der von Ihnen erteilten Freistellungsaufträge pro Bank aus und heften Sie sie in Ihren Konto- oder Vermögensordner.
GRATIS – Geldfrau-Download: Übersicht für Freistellungsaufträge
+ Online-Formular zum Beantragen der Steuer Identifikationsnummer
+ Jahressteuerbescheid näher erklärt
Hinweis: Der Artikel wird fortlaufend von mir aktualisiert. Er erschien erstmals im Mai 2017.
Ein sehr informativer Artikel mit ganz wichtigen Informationen, auf die jeder achten sollte.
Man kann auch kurz vor Jahresende, wenn man die aufgelaufenen Zinsen und sonstigen Erträge für das fast abgelaufene Jahr bereits kennt, nochmal prüfen, ob man die Freistellungsaufträge sinnvoll verteilt hat. Man kann sie dann noch ändern, für das ganze Jahr rückwirkend.
Danke für den wertvollen Hinweis!
Vielen Dank für diesen tollen Artikel. Habe gestern einen ETF-Sparplan angelegt und habe durch deinen Artikel gleich einen Freistellungauftrag machen lassen.
Danke für die ausführliche Darstellung.
Da ich häufig die Tagesgeld Konten austausche (bleibt einem ja keine andere Wahl in der aktuellen Zinslage), habe ich die Freistellungsaufträge nicht mehr erteilt.
Dafür habe ich die Daten immer fleißig in der KAP eingetragen.
Da aktuell die StErklärung vom FA zurückkam, wollte ich mal fragen, ob man die Rückerstattung dort erkennen kann, denn abgezogen wurde die Steuer ja direkt von der Bank?
Ich sehe nur den Posten Kapitalerträge, der aktuell mit 0 in die Gesamtsumme einfließt, da kleiner als der Pauschbetrag doch man müsste die bereits bezahlte Steuer doch wieder zurück bekommen oder?
In der Steuererklärung wird auf der Hauptseite auch die Kapitalertragssteuer ausgewiesen. Wenn Sie keine Abgeltungssteuer zahlen müssten, sie aber gezahlt haben, dann sollte dort irgend etwas in der Art von „zuviel entrichtete Kapitalertragssteuer“ stehen.
Blättern Sie gegebenenfalls in der Erklärung. Weiter hinten werden die Kapitalerträge aufgelistet, der Pauschbetrag abgezogen und dann eine Summe gebildet.
Da ich Ihre Steuererklärung nicht kenne, empfehle ich Ihnen eines:
Rufen Sie Ihren oder Ihre Finanzbeamt’in an. Die sind zur Auskunft verpflichtet (§42e EStG). Ich habe das auch schon öfter getan und immer eine fundierte Auskunft erhalten.
Auf Ihrer Steuererklärung steht ganz oben rechts unter der Adresse des Finanzamtes die direkte Durchwahl.
Viel Erfolg!
Danke! Jetzt habe ich endlich mal einen klären Artikel dazu gefunden. Ich habe bei einem meiner Konten bisher keinen Freistellungsauftrg eingerichtet, aber ich denke, ich habe es jetzt richtig verstanden, dass ich ihn nicht brauche. Ich habe keine Erträge aus Zinsen oder ähnlichem… Also brauche ich mich darum nicht kümmern?!
Würde ich in Ihrem Fall dann auch so sehen. Ohne Zinsen, keine Steuern, keine Notwendigkeit für einen Freistellungsauftrag 🙂
Hallo,
bin hier zufällig drüber gestolpert und eines fehlt mir im Formblatt „Übersicht für Freistellungsaufträge“.
Das Thema Befristung des Freistellungsauftrages.
Ob man den befristet oder nicht muss jeder nach den persönlichen Rahmenbedingungen beurteilen, zumindest würde ich es in der Übersicht als Spalte einfügen.
Da haben Sie Recht. Die Spalte fehlt. Wahrscheinlich weil mir kein Fall einfällt, indem die Befristung sinnvoll ist.
Danke dennoch für den Hinweis. Ich werde nochmal drüber nachdenken.
Wenn der Freistellungsauftrag nur 0,26 € statt 211,52 € Steuer macht, scheint der viel günstiger für jeden. Meinen besten Dank für den Tipp zu dem Sparerpauschbetrag! Ein wissenswerter Rat für meinen Sohn!
Hallo,
habe noch nie einen Freistellungsauftrag beantragt oder eingerichtet. Zahle monatlich in meinen Bausparvertrag ein und von der Firma gehen auch noch ca.40€ in eine Rente. Kann ich für beides einen Freistellungsauftrag einrichten?
LG
Hi Carola,
erhalten Sie denn Zinsen aus dem Bausparvertrag ausgezahlt oder von der Rentenversicherung? Ich gehe mal davon aus: Nein.
Dann brauchen Sie auch keinen Freistellungsauftrag, weil sie erstmal keine Kapitaleinkünfte haben.
Super eklärt. Daumen hoch. Danke.
Danke!
Ich habe seit meinem 18. Geburtstag immer geschaut die 8XX€ voll auszunutzen, jedes Jahr wo man das nicht macht verschenkt man für immer
So ein kompliziertes und bürokratisches Thema locker-flockig und verständlich erklärt! Weiter so! Die Menschheit braucht mehr von solchen Artikeln! 😉
Liebe Grüße
Laura
Super, leicht verständlich erklärt!
Und konnte sogar beim Lesen lachen, da so locker geschrieben.
Danke und viele Grüße
Ich hole mir auch immer meine 800€ vom letzten Jahr ab 🙂 In Kombination mit Dividenden und Zinserträgen ergibt das auch Sinn.
Super erklärt! Jetzt habe ich es endlich richtig verstanden! Vielen Dank!