Aus Fehlern anderer lernen gehört für mich mit zum besten Risikomanagement, das wir kriegen können. Hinsehen, analysieren, nachlesen, für sich bewerten. Dann handeln.
Ich bin ein Fan von FinTechs. Also den jungen Firmen, die sich eine Bankdienstleistungen (Fin) herauspicken, neu denken und mit den Vorzügen der digitalen Möglichkeiten (Tech) verknüpfen. Sie haben damit die intransparente, teure, oft kundenunfreundliche und arrogante Bankenbranche in Schwung gebracht.
Wirecard als vielversprechendes FinTech
Eines dieser FinTechs ist die Wirecard AG, ein elektronischer Zahlungsabwickler. Wirecard wurde 1999 in München gegründet als eine Tochter der ebs Electronic Billing Systems AG. 2004 wurde sie in die börsennotierte InfoGenie Europe AG verschmolzen, die im Januar 2005 in Wirecard AG umbenannt wurde. Damit war das junge FinTech an der Börse. 2018 stieg Wirecard in die erste Börsenliga auf, in den Deutschen Aktien Index, den DAX.
Ein Vorzeige-FinTech, so sah es aus. Und doch: Die glitzernde Fassade hatte schon lange Risse. Erkennbare.
Als Journalistin habe ich Wirecard immer mit skeptischem Blick betrachtet. Aus Erfahrung. Von dieser möchte ich Ihnen erzählen. Nicht, um besser zu wissen. Von wegen “ … ach, im Nachinein …“. Sondern, um Ihren Blick zu schulen. Stichwort: Risikomanagement.
Für meinen Vermögensaufbau setze ich vorwiegend auf ETFs. Ich habe auch Einzelaktien. Wirecard gehörte nicht dazu.
Ich möchte Ihnen hier meine Beobachtungen und meine persönlichen Gedanken schildern:
#Hinsehen und Nachrichten nicht ignorieren
Um Wirecard gab es schon sehr früh irritierende Nachrichten.
2008 gerät Wirecard erstmals in die Schlagzeilen. Vorwurf: Bilanzfälschung. Der Jahresabschluss 2007 sei „höchst intransparent“ und habe eine „unvollständige und irreführende Rechnungslegung“ (ariva, FAZ), findet die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger SdK. Der Vorwurf landet vor Gericht, auch deshalb, weil der Vize-Vorsitzende der SdK kurz vor der Bilanzkritik auf fallende Kurse bei Wirecard gesetzt hat. Bilanzfälschung gegen Marktmanipulation. Starker Tobak.
2010 sackt die Wirecard-Aktie erneut ab. Diesmal wegen angeblicher Verwicklungen in Glücksspiele. Bafin und Münchner Staatsanwaltschaft ermitteln. Die Vorwürfe stellen sich als falsch heraus.
April 2015. Die Financial Times berichtet über Unregelmäßigkeiten in der Bilanz. Zu viele Fragen seien offen, findet Autor Dan McCrum in seiner Columne The House of Wirecard.
2016 wird ein Bericht eines dubiosen Analyse-Hauses publik, der Wirecard „Geldwäsche, Betrug, künstliches Aufblähen der Bilanz“ vorwirft. Wieder ermitteln Bafin und Staatsanwaltschaft. Ergebnis jetzt: Marktmanipulation.
2017 ist es das Manager-Magazin, das intransparente Bilanzierungspraktiken entdeckt haben will. Und im Januar 2019 legt erneut der Financial-Times Autor mit einem Artikel überange bliche Geldwäsche und Vertragsfälschungen bei Wirecard Singapur nach.
Vorwürfe über Vorwürfe. Jahrelang. Nicht immer zutreffend. Aber immer auffallend zum selben Thema: Bilanzunregelmäßigkeiten. Wirtschaftsprüferin ist seit 2008, dem ersten Bilanzfälschungs-Vorwurf, Ernst&Young, kurz EY.
Befreiungsschlag?
Im Oktober 2019 beauftragt das DAX-Fintech die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG mit einer Sonderuntersuchung. Der Prüfbericht am 28. Aprill 2020 kann die Vorwürfe nicht entkräften – obwohl Wirecard das anders sieht. Zitat, S. 12:
„Hinsichtlich der Höhe und Existenz der Umsatzerlöse … kann KPMG … in Bezug auf den Untersuchungszeitraum 2016 bis 2018 weder eine Aussage treffen, dass die Umsatzerlöse existieren und der Höhe nach korrekt sind noch die Aussage treffen, dass die Umsatzerlöse nicht existent und in der Höhe nicht korrekt sind. Insoweit liegt ein Untersuchungshemmnis vor.“
Am 18. Juni 2020 verweigert EY das Testat unter dem Jahresabschlussbericht 2019. Sie können 1,9 Milliarden Euro nicht finden. Schadensbegrenzung im Eigeninteresse. Am 25. Juni beantragt Wirecard Insolvenz.
Meine Interpretation
Seit 2008 stand Wirecard im Fokus von Vorwürfen über Bilanzfälschung, Betrug und Geldwäsche. Immer wieder brach der Aktienkurs ein. Die Schwankung des Kurses war enorm. (Hier war aktives Risikomanagement ein Muss.)
Stehen Bilanzunregelmäßigkeiten im Raum, sachlich beschrieben von Fachjournalisten, und arbeitet das betroffene Unternehmen die Vorwürfe nicht ernsthaft auf, sondern klagt womöglich noch die berichtenden Journalisten an, wie bei Wirecard geschehen, heißt das für mich als langjährige Wirtschaftsjournalistin: Da ist was dran.
Bilanzfälschung ist ein Straftatbestand. So einen schwerwiegenden Vorwurf erheben Journalisten nicht ohne doppelte und dreifache Belege, weil sie für Falschbehauptungen nämlich im Zweifel persönlich haften müssen. (Politiker’innen übrigens nicht.)
Außerdem: Wer will Anteilseigner’in an einem Unternehmen sein, das immer wieder von Kriminellen attackiert wird, sodass der Kurs abstürzt? Und gleichzeitig Vorwürfe der Bilanzmanipulation nie wirklich widerlegt? Keine attraktive Mischung für einen Vermögensaufbau mit Weitsicht.
#Bankbilanzen sind nicht mehr wirklich prüfbar
Schon lang sehen sich Wirtschaftsprüfungsgesellschaften Bankbilanzpositionen nicht mehr „von Hand“ an, gehen also Belege durch, sichten Verträge, vollziehen durch Eigenrecherche Werte, Buchungen und Bewertungen vieler Einzelpositionen bzw. Sammelbeträge nach. Das wird nur noch zu einem ganz kleinen Teil gemacht anhand von Stichproben.
Wirecard hatte zuletzt ein Bilanzsumme von 6,7 Mrd. Euro. Was für eine Datenflut! Da geht nichts mehr ohne Computerprogramme und Daten-Analyse-Tools. Dazu kommen Stichprobenprüfungen, Summen werden auf Plausibilität geprüft und Anlagevermögen wird teils nur anhand von Bewertungsmodellen bilanziert, ohne reale Werte dahinter.
Das zeigte sich 2008, als die Finanzmärkte implodierten. Viele Wertpapiere wurden schlagartig wertlos, weil sie unverkäuflich waren. In den Bankbilanzen tauchten sie aber nicht mit Null auf, sondern mit modellhaft berechneten Preisen. Die Deutsche Bank beispielsweise konnte 2009 die bilanzielle Überschuldung nur deshalb abwenden, weil sie u.a. in der Bilanz Wertpapiere mit etwa 90 Mrd. Euro bewertete, die einen realen Wert von Null hatten, weil sie unverkäuflich waren. Die Finanzindustrie hatte im Schulterschluss mit den großen Prüfungsgesellschaften dafür gesorgt, dass das möglich war.
Ich berichtete damals für NDR Info über diese Modellpreise ohne Realbezug.
Seit dieser Zeit weiß ich eines: Bankbilanzen sind nicht mehr wirklich prüfbar und zeigen in Teilen nicht die reale Vermögenslage. Wirtschaftsprüfer’innen würden das öffentlich nie sagen. Unter der Hand schon. Vielleicht übernehmen bald Robo-Auditors die Analyse.
#Wirtschaftsprüfer stehen im Interessenskonflikt
Ziel einer Abschlussprüfung ist, dass sich Wirtschaftsprüfer’innen ein hinreichend sicheres Urteil über die Richtigkeit und Ordnungsmäßigkeit des Jahresabschlusses bilden. Also, ob die Lage des Unternehmens korrekt in der Bilanz und in der Gewinn- und Verlustrechnung abgebildet wird. Für dieses Urteil müssen Prüfer’innen unabhängig sein, also frei von jeglichen wirschaftlichen Interessenskonflikten.
Die aber haben Wirtschaftsprüfer’innen in erheblichem Umfang. Sie werden erstens von der Firma bezahlt, die sie prüfen. Drängen sie zu hartnäckig auf Nachweise könnten sie ihr Mandat verlieren. Ich selbst habe während meines Ökonomie-Studiums bei einem Wirtschaftsprüfer gearbeitet und miterlebt, wie gerungen wurde um das Einfordern von Belegen bei gleichzeitigem Entgegenkommen wegen des Mandantenverhältnisses.
Zweitens beraten Abschlussprüfer’innen die Firmen auch fast immer in Steuerfragen. Heißt: Sie prüfen am Jahresende ihre eigenen Steuervorgaben. Und damit sich selbst.
Unabhängig ist das nicht. Dabei sind Wirtschaftsprüfer’innen von Berufs wegen dazu verpflichtet, unabhängig zu prüfen. Dieser Widerspruch wird seit Jahrzehnten diskutiert, ganz besonders seit 2008. Über eine Fehlerkultur hat die Branche nie öffentlich diskutiert. Stattdessen Lobbyarbeit.
Die Lobby der führenden Gesellschaften – den so gennanten Big Four KPMG, EY, Deloitte und PwC – ist zu mächtig, um eine Trennung von Steuerberatung und Abschlussprüfung politisch durchzusetzen. Selbst die EU-Kommission scheiterte, auch deshalb, weil die Bundesregierung die Gesetzestexte offenbar mit verwässerte.
Die Big Four wurden wegen ihrer Rolle im Vorfeld der Finanzkrise 2008 nicht dem Schadensmaß entsprechend zur Verantwortung gezogen. Sie schafften es, sich wegzuducken. Denn: Wie konnte es sein, dass Banken plötzlich reihenweise umkippen, obwohl ihre Bilanzen von den Big Four für tippitoppi befunden wurden?
Jetzt schwappt das Thema Verantwortung der Abschlussprüfer’innen wieder hoch. Es wird sicher verebben. Wie jedes Mal. Dafür ist die Lobby zu stark und der politische Wille nicht vorhanden. Die Big Four beraten auch die Bundesregierung.
EY prüfte Wirecard seit 2008. Es ist zu vermuten, dass sie schon für 2018 ein Falschtestat ausstellten. Womöglich auch bereits in den Jahren zuvor.
Sollen Sie also den Testaten von Wirtschaftsprüfern nicht trauen? Soweit würde ich nicht gehen. Viele, gerade kleinere Prüfungskanzleien, folgen einem hohen Berufsethos. Bei Großkonzern und gerade bei Banken aber wäre ich vorsichtig und es ist unerlässlich, die Interessenskonflikte im Hinterkopf zu behalten. Und lieber selber zweimal denken. Und selbst lesen!
#Geschäftsberichte werden nicht grundlos verzögert
Verschieben Unternehmen die Veröffentlichung ihrer Geschäftsberichte ist das immer ein Warnzeichen. Dann stimmt etwas nicht Buchhaltung, Bewertung oder im Controlling. Dann fehlen wahrscheinlich Nachweise, Belege, Verträge oder Daten für zugrunde gelegte Bewertungsmodelle.
Große Kapitalgesellschaften und börsennotierte AGs müssen spätestens 4 Monate nach Ende des Geschäftsjahres den Lagebericht, Jahresabschluss und Bestätigungsvermerk der Abschlussprüfer’innen im Bundesanzeiger veröffentlichen. (§ 325 Absatz 4 HGB)
Das tat Wirecard 2020 nicht. Selbst Ende Mai lag der Konzernabschluss nicht vor. Vorher hatte das Unternehmen die Öffentlichkeit schon mit dem Sonderprüfbericht der KPMG vertröstet. Mehrfach. Der sollte im März vorliegen …
Auch hier: klare Warnsignale.
#Profis sind nicht automatisch umsichtige Investoren
Die Fondstochter der Deutschen Bank, DWS, war erstaunlicherweise intensiv in Wirecard investiert. Tim Albrecht, Manager des Fonds „DWS Deutschland“ hatte im Oktober 2019 mehr als 9% des Anlegerkapitals in Wirecard investiert, wie finanz-szene.de im November erstaunt berichtete. Im November stockte DWS seine Wirecard-Position sogar noch auf.
Im Interview mit der FAZ sagte Albrecht nach der Pleite: „Wir haben die Kursschwäche als Möglichkeit genutzt, unsere Position im Herbst vergangenen Jahres deutlich auszubauen. Wo hat man solche Chancen schon einmal bei einem deutschen Dax-Konzern?“ Ein Hoffender.
Zur Erinnerung: Im Herbst 2019 hatte der Wirecard Aufsichtsrat gerade KPMG mit einer Sonderprüfung beauftragt. Wegen Bilanzunregelmäßigkeiten. Deshalb sackte der Kurs ab. Für Albrecht ein Kauf- statt Verkaufssignal. Selbst Ende Mai 2020 war er noch mit 4,35% in Wirecard investiert. Trotz des alarmierenden KPMG-Prüfergebnisses vom April. Ein zweifelhaftes Risikomanagement.
Das erinnerte mich an die HSH Nordbank, die Landesbank von Hamburg und Schleswig-Holstein, über die ich für NDR Info zwischen 2008 und 2014 intensiv berichtet hatte. Dort wurde KPMG 2009 ebenfalls mit einer Sonderprüfung beauftragt. Der 2.500 Seiten umfassende, geheim gehaltenen Bericht, offenbarte, wie die HSH wirklich aufgestellt war: katastrophal und überfordert.
Für mich bedeuten Sonderberichte seither immer eines: Vorsicht. Wenn der Aufsichtsrat sie in Auftrag gibt, ist das keine Randnotiz. Dann ist es ernst. Immer. Dass Albrecht das als Kaufsignal bewertete, anstatt die Ergebnisse abzuwarten, erkläre ich mir damit:
#Selbstüberschätzung, Gier, Herdenverhalten
Was war da los? Börsenprofis und Fondsmanager wie Albrecht investieren wahnsinnige Summen in ein Unternehmen, das ständig strafrechtlich relevante Vorwürfe begleiten. Privatanleger gehen munter mit, angefeuert von Bank-Analysten und vermeintlichen Online-Börsenexperten, die im Januar keck ausrufen: Warum du Wirecard im Depot haben solltest (Webarchiv) und im Juli schreiben: Vergesst Wirecard.
Es ist das alte Spiel aus Selbstüberschätzung, Gier und Herdenverhalten, vermischt mit der medialen Aufmerksamkeitshysterie. Risikomanagement? Welche Risiken?
Selbstüberschätzung – na klar weiß ich, dass Wirecard ein tolles FinTech ist, woher sollten sonst die Umsätze kommen? Gier – unbedingt mit zu verdienen am krassen Aktienkurs. Herdenverhalten – alle kaufen doch Wirecard, und ich will nicht der letzte Depp sein beim nächsten heißen Technologiewert!
Wir Menschen verhalten uns in Bezug auf Geld vor allem emotional. Und nicht rational im Sinne von Bewerten aller vorhandenen Informationen. Das können wir zwar ändern, müssen dafür aber die Zusammenhänge kennen.
Wissenschaftler haben unser irrationales Finanzverhalten und unsere selektive Wahrnehmung in Bezug auf Geld intensiv untersucht. Das Fachgebiet heißt Behavioural Economics and Finance. Prominenteste Vertreter sind Daniel Kahneman und Amos Tversky.
Wegen unserer menschenlichen Emotionalität ist an den Märkten nicht jede Information, die verfügbar ist, eingepreist, so wie es immer heißt. Märkte sind kurzfristig eben nicht effizient. Die Irrationalität und selektive Wahrnehmung der Investor’innen – siehe Albrecht – steht dem entgegen. Langfristig mag Effizienz eintreten, siehe Wirecard, das jetzt insolvent ist. Aber nicht kurzfristig.
Vermutlich ist Wirecard teilweise auf Betrug gebaut. Wer aber deswegen heute sagt, das hätte man nicht ahnen können, dass es da knallt, der muss bitte nochmal Google anschmeißen. Informationen, die zur Vorsicht rieten, gab es zuhauf. Nur die Bewertung fiel bei vielen eben gierig, überhastet und angstgetrieben aus statt rational analysierend.
Viele andere Fondsmanager’innen und Privatanleger’innen haben genau letzteres getan. Sie hatten kein Wirecard im Portfolio.
#Auf die BaFin ist kein Verlass als Warnerin
Die BaFin ist die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht in Deutschland. Gemeinsam mit der Deutschen Bundesbank verfolgt sie dieses Hautpziel.
„… ein funktionsfähiges, stabiles und integres deutsches Finanzsystem zu gewährleisten. Bankkunden, Versicherte und Anleger sollen dem Finanzsystem vertrauen können.“
Wir sollen vertrauen können, dass alles in den Banken, Versicherungen, Pensionskassen und Vermögensverwaltungen seine Richtigkeit hat. Seit kurzem ist die BaFin auch Abwicklungsbehörde für insolvenzgefährdete Banken.
Die BaFin ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts unter der Führung des Bundesfinanzministeriums. Damit ist sie weisungsgebunden und untersteht dem amtierenden Finanzminister, aktuell also Olaf Scholz.
Finanziert wird sie von denen, die sie kontrollieren soll, der Finanzwirtschaft.
Von der BaFin können wir uns keine Hilfe erwarten, in dem Sinne, dass sie uns warnt, wenn eine Bank oder Versicherung vor der Schieflage steht oder es Unregelmäßigkeiten gibt. Sie deckt es nicht auf. Sie ist keine strenge Aufsicht, sondern eine Wegsicht, wie ich es nenne.
Die Finanzkrise 2008 hat das sehr deutlich gemacht. Die HSH Nordbank beispielsweise lief unter den Augen der Bafin in die Pleite; ich bezweifle stark, dass irgendein Finanzdienstleister vor ihr zittert, das sollten sie aber alle.
Die Bafin ist „Schuldig durch Nichtstun“, titelt die Bürgerbewegung Finanzwende in einem Dossier.
Was heißt das jetzt für Sie?
#Selbst anlegen statt Manager’innen vertrauen
Vertrauen Sie Manager’innen Ihr Geld über aktiv gemanagte Fonds an, sitzen Sie grundsätzlich am kürzeren Hebel. Denn die Fondsmanager’innen haben nicht dieselben Interessen wie Sie. Sie als Anleger’innen wollen mehr aus Ihrem Geld machen in einem bestimmten Risikorahmen. Das Fondsmanagement dagegen will sein persönliches Einkommen erhöhen, seine Reputation und womöglich den eigenen Starstatus. Ein klassisches Prinzipal-Agent-Dilemma.
Steckte auch Tim Albrecht in diesem Dilemma? Zwar ist sein Fonds auf Wachstum und deutsche Firmen ausgelegt und hat damit ein risikoreiches Profil inkl. professionellem Risikomanagement. Dass er aber zeitweise fast 12% des Fondskapitals in Wirecard anlegt, ist bei der Informationslage um Wirecard rational nicht zu erklären, fraglich hinsichtlich des Risikomanagements und sicherlich nicht im Sinne der Anleger’innen gewesen. Und nein, auch dann nicht, wenn die Zockerei aufgegangen wäre.
Legen Sie Ihr Geld selbst an, setzen Sie sich Risikotrips von Fondsmanagern nicht aus. Höchstens ihren eigenen. Aber die können sie wenigsten beeinflussen, durch Wissen und Bildung.
#Eigenrecherche und Anlegen nach Regeln, nicht Emotionen
Legen Sie Ihr Geld nach Regeln an, nach Ihrer eigenen Strategie, und damit rational und bewusst, nicht impulsiv und emotional. Mit emotionalen Anlageentscheidungen schaden wir uns selbst. Das haben zahlreiche Studien nachgewiesen. Für Privatanleger entstehen dadurch hohe Renditeeinbußen.
Recherchieren Sie intensiv, bevor Sie Ihr Geld investieren. Holen Sie die wichtigsten Finanzzahlen ein, suchen Sie nach Unregelmäßigkeiten und tun Sie Negativberichte nicht ab. Sehen Sie diese Vorarbeiten als Teil vom Risikomanagement. Investieren ist nicht wie Shoppen gehen nach Lust und Laune, sondern ein langfristiges Bekenntnis, entschieden nach Faktenlage, eigenen Zielen, der Risikobereitschaft und -toleranz und finanziellen Möglichkeiten.
Lesen Sie selbst Geschäftsberichte und andere öffentliche Prüfberichte, gerade die Sonderberichte und verlassen Sie sich hier nicht auf die Schlagzeilen der Presse, schon gar nicht auf die der untersuchten Firmen! Die werden immer positiv ausfallen oder die Situation verharmlosen, im schlimmsten Fall sogar vollkommen verdrehen (habe ich alles schon erlebt als Journalistin).
Folgen Sie auch nicht Berichten, die Papiere hypen. Und betrachten Sie Aktien nicht als Ihre Freund’innen oder wie Haustiere, an die Sie Ihre Gefühle hängen.
Niemals aus Gier oder mit Angst investieren. Beschäftigen Sie sich mit Börsenpsychologie. Lesen Sie Rolf Dobelli Die Kunst des klaren Denkens, Andrè Kostolany oder Nassim Taleb Antifragilität. Und wenn Sie mal sehr viel Zeit haben Daniel Kahnemann Schnelles Denken, langsames Denken.
#Risikomanagement mit Indizes, die nicht pleite gehen
Ein Index fällt nicht nahe Null, wie eine Einzelaktie eines Unternehmens. Der DAX hat höchstens einen kleinen Dipp gemacht, als Wirecard nach dem Kurssturz zu wenigen Euro aussortiert wurde. Wer die Aktie direkt im Depot und kein aktives Risikomanagement hatte, konnte sie als Totalverlust abschreiben. Das passiert Ihnen mit einem Fonds auf einen Index nicht. Einem Aktien-ETF.
Deshalb besser die Basis des eigenen Vermögens in breit aufgestellte Indizes investieren, als von vornherein Portfolien mit Einzelaktien zu bauen. Denn um sich vor hohen Verlusten zu schüzten, gilt die alte Regel des Risikomanagements: Diversifizieren. Risiken streuen. Und wie streuen wir? Durch sehr viele verschiedene Unternehmensaktien im Depot – durch Fonds oder ETFs.
In sorgfältig ausgewählte Einzeltitel könnten Sie immer noch investieren. Zusätzlich.
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